Wer beim Contact-Tracing in Zürich anruft und wartet, muss sich einen Song des Wädenswiler Kinder-Liedermachers anhören. Ein Einblick in die Welt der nervigen Warteschleifenmusik.

Es ist, wie wenn der halbe Kanton Zürich in einem Konzertlokal eingesperrt wäre. Niemand will Andrew Bond zuhören, doch alle müssen. «Ich la mich nid deprimiere / probier nöd hyperventiliere / muess mich eifach arrangiere / mit dere Warteschlaufe» – das singt der Liedermacher, und alle, die sich nach einer möglichen Quarantäne erkundigen, sind am Telefon zum Zuhören verdammt.

«Ja», sagt Urs Sax. Er ist der Geschäftsführer der Firma Victura in Rotkreuz, die Telefonansagen und Warteschleifenmusik verkauft. Der Text von Andrew Bond mache Lust, dranzubleiben – das sei das Ziel eines solchen Songs. «Bei der perfekten Warteschleife ist es für den Anrufer fast schon schade, dass jemand abnimmt», sagt Sax.

Besonders geblieben ist ihm die Musik der Urologiepraxis Stühlinger in Freiburg im Breisgau. Dort haben die Ärzte ein eigenes Lied komponiert und eingesungen. «Ist dein Hoden arg verdreht / der Schmerz trotz Kühlung nicht vergeht…». Der Song ging viral.

In der Schweiz würden pro Tag mehrere Millionen Franken wegen schlechter Warteschleifen verpufft, weil viele Unternehmen die eingehenden Anrufe nicht
professionell steuern und die Kunden den Hörer auflegten, sagt Sax. Wenn er während einer Beratung eine Geschäftsführerin oder einen CEO frage, wie die Unternehmensmelodie klinge, erhalte er meist die Antwort: «Keine Ahnung.» Dabei sei das die akustische Visitenkarte. «Und viel wichtiger als Beispielsweise schönes Briefpapier», sagt Sax.

Viele Unternehmen würden einfach vom Apple Store ein Lied herunterladen und bekämen dann eine grosse Rechnung, weil sie die Urheberrechte nicht beachtet hätten. Ausserdem sei die Qualität der Musik oft schlecht. «‹Hells Bells› von AC/DC ist beispielsweise ein No-go», sagt Sax. Am Telefon würden alle Tiefen und Höhen abgeschnitten, weshalb es nur noch «chrose».

Auch das Lied von Andrew Bond sei nicht perfekt fürs Telefon abgemischt.Ausserdem verstehe er nicht, weshalb es den Song nur auf Mundart gebe, wo doch viele Expats in Zürich wohnten. «Eine Sprachauswahl zu Beginn könnte helfen»,sagt Sax. «Für Deutsch drücken Sie die Eins.»

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